Lehmbau
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Der Baustoff
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Vorteile des Lehmbaus
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Grenzen des Lehmbaus
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Raumklima
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Wandheizung
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Glossar


Der Baustoff Lehm

Lehm war und ist ein Baustoff zum Häuserbauen, die Schwalben „wissen“ es, die Menschen in Indien und Marokko wissen es - wir hatten es vergessen.
Die Renaissance des Lehmbau verdanken wir dem Denkmalschutz, der uns die alten Handwerkstechniken lehrte, dem ökologische Denken mit seinem Blick auf das Eingebundensein in die natürlichen Kreisläufe und der Baubiologie, die das „Gesunde Bauen“ wieder Selbstverständlichkeit werden ließ.
Eine Vielzahl von Anwendungen kennzeichnet den modernen Lehmbau:
• Ausbesserung schadhafter Gefache im Bestand
• Innendämmung in der Altbausanierung aus Leichtlehm zur Angleichung an heutigen Wohnkomfort
• Leichtlehm als dämmender Wandbaustoff bei Holzständerkonstruktionen
• Lehminnenschalen bei Holzständer- und Holzrahmenkonstruktionen
• lastabtragende Außenwände aus Stampflehm oder Lehmmauerwerk mit einer „Thermohaut“ aus ökologischen Dämmstoffen
• und natürlich Lehmputz in allen denkbaren Anwendungsbereichen
Vorfertigung, Putzmaschinen und Silobehälter machen die heutigen Lehmbaustellen platzsparender, witterungsunabhängiger und kalkulierbarer.
Bei all dem bleibt die Faszination des ältesten Baustoffs:
Schon immer fühlten sich die Menschen in Lehmhäusern besonders wohl.

Nachhaltigkeit

Plötzlich sind Feinstäube in aller Munde und nicht nur dort: sie sind in der Luft der Ballungszentren, noch stärker in den Innenräumen, sie sind in der Atemluft und in unseren Lungen. Jahr für Jahr hören wir neue Schreckensmeldung über das Innenraumklima unserer Wohnungen. Waren es vor Jahren die Holzschutzmittel, später das Formaldehyd, sind es jetzt ein schwer zu erklärender Schimmelbefall, das Phänomen der „Schwarzen Räume“.
Bei einem Baustoff gab es jedoch bisher mit Sicherheit keine Beschwerden, beim Lehm, dem Urbaustoff von Tieren und Menschen. Ganz im Gegenteil, Lehm erfüllt wie kaum ein zweiter Baustoff die Anforderungen des ökologischen Bauens und der Baubiologie. Er ist wiederverwendbar, örtlich verfügbar, Energie und Ressourcen schonend bei Gewinnung und Verarbeitung. Er gibt keine Schadstoffe ab, sondern bindet sie. Er speichert die Wärme Luftfeuchtigkeit und sorgt für ein ausgeglichenes Ladungsverhältnis der Ionen, reduziert besonders in Kombination mit sinnvollen Heizungssystemen den Anteil an Großionen und damit die Feinstaubbelastung in unseren Wohnräumen. Menschen, die in „Lehmhäusern“ leben, spüren dies, andere brauchen wissenschaftliche Erklärungen. Die können wir nur sporadisch liefern, denn der Naturbaustoff hat einen Nachteil, er hat keine finanzkräftige Lobby.
Lehm ist seit seiner Wiederentdeckung durch die „Ökobewegung“ in den Achtzigern von außen in das Innere der Häuser gewandert. Außen ein Pelz aus (ökologischen) Dämmstoffen, innen die Sorge um gutes Raumklima. Zusammen mit der wieder erwachten Lust an Gestaltung kam der Marktdurchbruch von Lehmputzen und die Nachfrage nach handwerklich materialgerechter
Ausführung: Von Burkard Rüger, Lehmbaukontor Berlin-Brandenburg

Wussten Sie, dass

- die chinesische Mauer aus Lehm gebaut ist?
- heute ca. 50 Prozent der Menschheit in Lehmbauten wohnt?
- der erste Wolkenkratzer – der Turm von Babel, er brachte es mit seinen sieben Stockwerken immerhin auf 90 (!) Meter – aus Lehm gebaut war?


Vorteile des Lehmbaus

Lehm ist aus baubiologischer Sicht der beste Baustoff!

- Lehm macht Holz haltbar und hält Schädlinge fern!
Im ,Normalzustand’ hat Lehm eine Feuchtigkeit von 5 Prozent (,Gleichgewichtsfeuchte’). Schädlinge und Schimmelpilze benötigen jedoch für die Existenz eine Feuchte von mindestens 10 Prozent. Holz wird dadurch vom Befall durch Schädlinge geschützt.
- Entfeuchtungswirkung im Altbau
- Lehm verbessert das Raumklima
Lehm nimmt Wasserdampf auf und gibt ihn ab und reguliert somit die Luftfeuchtigkeit auf natürliche Weise. Durch seine Masse speichert er gut die Wärme und wirkt schalldämmend.
- Bessere Abschirmungswirkung gegen Funkwellen verglichen mit konventioneller Bauweise
- Hohe Geruch- und Schadstoffbindung
Gut für Allergiker! Lehm bindet Schadstoffe und ist hautfreundlich.
- Vielseitigkeit des Baustoff Lehm
Einsatz von leichter bis schwerer Bauweise für Wand, Decke, Boden und Putze
- Gute Ökobilanz
Lehm ist örtlich verfügbar, somit wird insbesondere bei Ort-Lehm kaum Energie für den Transport und die Aufbereitung des Baustoffs benötigt
- Recyclingfähigkeit
Selbst beim Abbruch eines Lehmbaus kann der Baustoff beliebig wieder aufbereitet werden.
- Lehm eignet sich für den Selbstbau
Wer den Arbeitseinsatz nicht scheut, kann unter fachkundiger Anleitung viele Arbeiten selbst ausführen.
- Lehm lädt zur kreativen Gestaltung und künstlerischen Betätigung ein


Grenzen des Lehmbaus

Lehm ist zwar ein sehr vielseitig verwendbarer Baustoff, aber auch die Verwendung von Lehm als Baustoff hat Grenzen. Aufgrund der Wasserlöslichkeit des Baustoffs Lehm kann er nur bedingt für Außenfassaden eingesetzt werden.
Im Innenbereich sind bei entsprechendem Einsatz die entsprechenden Lehmbauregeln einzuhalten.


Raumklima

"Im Sommer kühl und im Winter warm" - so beschreiben die meisten Bewohner ihre Lehmhäuser und viele führen dies fälschlich auf die guten Wärmeeigenschaften von Lehmwänden zurück.
"Von der Sonne erhitzte Lehmwände können ihre Eigenwärme nur schlecht abstrahlen und reflektierende Außenwände erscheinen selbst bei kühler Raumluft im Winter warm" , was auf schlechte Strahlungsaufnahme und -abgabe zurückzuführen ist und physikalisch mit der Strahlungszahl beschrieben wird. Der" Ideale schwarze Körper", der Wärme gut aufnimmt und Eigenwärme optimal abstrahlt, hat eine Strahlungszahl von 5 [W/m2hK4], ein total reflektierender Stoff 0. Die üblichen Baustoffe liegen mit einer Strahlungszahl von 4,6 in der Nähe des "Idealen Schwarzen Körpers" und Lehm mit 1,85 [W/m2hK4] in der Nähe eines total reflektierenden Baustoffs. "Das Verhalten des Lehm gegenüber Wärmestrahlung ist eine seiner hervorragenden Eigenschaften."
(LASA - Praxishilfe Nr.5)


Wandheizung

Wandheizungen geben die Wärme gleichmäßig als Strahlung ab. Diese Wärme wird wie die Sonnenstrahlung vom menschlichen Körper als besonders wohltuend und behaglich empfunden. Die Raumluft bleibt weitestgehend verwirbelungsfrei und behält ihren natürlichen Feuchtigkeitsgehalt.
Im Gegensatz dazu erwärmen herkömmliche Heizkörper die Luft. Die Luft zirkuliert, dabei werden Partikel wie z.B. Hausstaub und Milben verwirbelt. Die aufsteigende Wärme sorgt für einen warmen Kopf und kalte Füße.
Die Behaglichkeit hängt neben der Raum(luft)- temperatur von der Temperatur der Wandflächen ab. Mit einer Wandheizung kann die Raum(luft)-temperatur gesenkt werden, ohne die Behaglichkeit zu beeinflussen. 3°C weniger bei der Raum(luft)-temperatur bedeuten rund 18% Heizkostenersparnis.

Das wohlige Empfinden durch wärmende Strahlen der Sonne oder eines Kachelofens entsteht durch das Prinzip der Wärmestrahlung. Dabei wird die Wärme direkt an die Umgebung abgegeben (vielleicht kennen Sie das Gefühl des sonnengewärmten Rückens mitten im Schnee). Anders bei konventionellen Heizkörpern: hier muss die gesamte Luft aufgeheizt werden (Konvektion), dabei wird die Luft ausgetrocknet und es entstehen die durch Konvektionsheizungen üblichen Luft- und Staubverwirbelungen, die vom Menschen als unangenehm empfunden werden. Durch die Strahlungswärme der Wandheizung bleibt die Luft weitgehend unbewegt. Die von den Wänden ausgehende Infrarotstrahlung ist für den menschlichen Organismus besonders angenehm und verträglich – wie eben von der Sonne selbst.



Glossar

Lehmbauregeln
1999 hat der Dachverband Lehm die »Lehmbau Regeln« herausgegeben. Die »Lehmbau Regeln« formulieren konkrete Bauvorschriften zum Lehmbau, die in Deutschland seit dem Wegfall der entsprechenden DIN seit 1971 fehlten.
Die »Lehmbau Regeln« dokumentieren den heutigen Stand des Bauens mit Lehm in Deutschland. Ausgehend von Begriffs- definitionen behandeln sie die Prüfung von Baulehm, die Zusammensetzung, Verwendung und Prüfung von Lehmbaustoffen, die Konstruktion und Ausführung von Lehmbauteilen sowie Putzsysteme und den Trockenbau mit Lehmbaustoffen. Im abschließenden Kapitel sind Stoff- und Bauteilwerte (u.a. Schall- und Brandschutz) zusammengefasst.
» Die Lehmbau Regeln
Begriffe – Baustoffe – Bauteile
Hrsg: Dachverband Lehm e.V.
Volhard, Franz; Röhlen, Ulrich
ISBN 3 528 12558 6

111 Seiten mit Abbildungen
Vieweg Verlag, 2.Auflage Mai 2002
€ 18,00 Sfr 31,80

Abriebfestigkeit:
Sie ist umso höher, je glatter und geschlossener dessen Oberfläche und je höher dessen Bindekraft ist. Mit Zugabe von 5% Leinöl - Firnis wird die Abriebfestigkeit erhöht.

Austrocknungsdauer:
Die Zeit, die notwendig ist, damit ein nasser und durchfeuchteter Baustoffe seine Gleichgewichtsfeuchte erreicht. Die Dauer liegt zwischen vierzehn und dreissig Tagen und ist von folgenden Faktoren abhängig: Tonanteil, Raumluftemperatur, relative Luftfeuchtigkeit. Im Vergleich dazu liegt die Austrocknungsdauer bei Hochlochziegeln oder Kalksandsteinen über hundert Tage.

Bentonit:
Fertiges Tonpulver zur Beimischung von magerem Lehm; hohe Bindekraft aber starkes Quellen und Schwinden. Besser ist die Verwendung von aufbereitetem fetten Lehm aus der Ziegelei.

Bindekraft:
ist das Mass für die Zugfestigkeit im plastischen Zustand; ist abhängig vom Tongehalt und der Art der vorhandenen Tonminerale. Tone,die viel Natrium oder Kalium aufweisen, haben eine hohe, Tone, die viel Kalzium enthalten, eine geringere Bindekraft.

Einsumpfen:
Trockene Lehmklumpen aus der Baugrube müssenzur Weiterverarbeitung aufbereitet werden. Dabei werden die Lehmklumpen in flache Behälter 15-25 cm hoch geschichtet und mit Wasser bedeckt. Nach zwei bis vier Tagen entsteht eine weiche Masse, die leicht durchgeknetet und mit trockenen Zuschlagsstoffen wie Sand, Kies und Fasern gemischt werden kann.

Faserstoffe:
Durch Zugabe von feinen Fasern wird die Bildung von Rissen während des Trocknungsvorganges verringert. Es können sich allerdings vermehrt feine und feinste Risse bilden. Geeignete organische Faserstoffe sind Kokos-, Sisal-, Flachs-, Hanf- und Bambusfasern, Kiefern- und Lärchennadeln.

Gleichgewichtsfeuchte:
Jeder Baustoff behält nach dem Austrocknen eine spezifische Restfeuchte, die von der Temperatur und vom Feuchtegehalt der umgebenden Luft abhängt. Anders gesagt, ist die Gleichgewichtsfeuchte die maximale Feuchte, die ein Baustoff bei konstanter Temperatur und Luftfeuchte aufnimmt. Fetter Lehm kann mehr Luftfeuchtigkeit aufnehmen als magerer Lehm.

Kornverteilung:
Lehm besteht aus Ton, Schluff, Sand und Kies. DerAnteil des jeweiligen wird bezogen auf die Gesamtmasse des Lehms in Prozent angegeben. Die Korndurchmesser sind auf einer logarithmischen Skala vermerkt. Die Druckfestigkeit von Lehm lässt sich unter bestimmten Voraussetzungen allein durch die Verteilung von Schluff, Sand und Kies erhöhen, ohne dass der Tonanteil verändert wird.

Leichtlehm:
Lehm mit "Leichtzuschlägen" (z.B. Stroh, Schilf, Seegras, Blähton, Blähperlite) hat nach DIN 18951 ein Raumgewicht von weniger als 1200 kg/m3. Leichtlehm hat gute Wärmedämmeigenschaften. Er wird als Material für Lehmsteine oder in Schalungen gepumpt, geschüttet oder gestampft.

Mauken:
Fertig gemischter Lehm sollte vor der Verarbeitung 12 bis 48 Stunden feucht gelagert bleiben, um zu mauken. Dadurch vergrössert sich die Bindekraft des Tons. Fette Lehme sollten länger, magere Lehm kürzer mauken.

Rohdichte:
bezeichnet die Trockenmasse eines Körpers bezogen auf sein Volumen und wird in kg/m3 angegeben. Krümeliger erdfeuchter Lehm hat eine Rohdichte von 1.000 bis 1.500 kg/m3, im verdichteten Zustand als gepresster Lehmstein oder als Stampflehm werden 1.700 bis 2.200 kg/m3 erreicht. Die Rohdichte ist abhängig vom Anteil Kies, Schotter oder Gesteinen und kann durch Leichtzuschläge entsprechend verringert werden.

Stampflehm:
als traditionelle Lehmbauweise bekannt, aber aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes und der geringen Wärmedämmung heute nicht mehr üblich. Der erdfeuchte Lehm wird in 10 bis 15 cm dicken Schichten in eine Schalungsform geschüttet und durch Stampfen verdichtet.

Ton:
ist Grundstoff und Bindemittel im Lehm. Die häufigsten Tonminerale sind Kaolinit, Illit und Montmorillonit. Abhängig vom prozentualen Anteil des Tones am Lehm spricht man von fettem oder magerem Lehm.

Zwangsmischer:
Ein Gerät zur Aufbereitung des Lehms. Die Mischung wird dabei durch rotierende Arme bewegt. Der Arbeitsaufwand wird durch eine integrierte Beschickungskippmulde verringert.